Einstweiliger Rechtschutz bei der Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen
Die beiden aktuellen Entscheidungen des OLG München (Beschl. v. 18.05.2021 – 7 W 718/21) und des OLG Frankfurt/Main (Beschl. v. 30.06.2022 – 5 W 18/22) zeigen die Wichtigkeit und die Streitanfälligkeit des einstweiligen Rechtschutzes bei der Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen in der Praxis auf.
In beiden Fällen ermöglichte die Satzung die Einziehung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in dessen Person oder Verhalten. In beiden Fällen wurde daraufhin unter Annahme eines wichtigen Grundes von der Gesellschafterversammlung die Einziehung des Geschäftsanteils des Mitgesellschafters beschlossen. Die Gesellschafter hatten bei der Beschlussfassung über ihre Anteilseinziehung kein Stimmrecht.
Beide Gesellschafter wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Einziehung ihrer Geschäftsanteile. Sie beantragen die Unterlassung der Einreichung einer neuen Gesellschafterliste der GmbH (bzw. die Hinterlegung einer korrigierten Liste, wenn eine Einreichung bereits erfolgt sei) und ihre Fortbehandlung als Gesellschafter.
Während das OLG München der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss stattgibt; weist das OLG Frankfurt/Main die Beschwerde mangels Vorliegen eines Verfügungsgrundes zurück.
Trotz der unterschiedlichen Ergebnisse weisen beide Entscheidungen in der Begründung des Bestehens eines Verfügungsanspruchs weitgehend Gemeinsamkeiten auf.
So gehen beide Gerichte übereinstimmend davon aus, dass die Einziehung von Geschäftsanteilen bereits grundsätzlich die Gefahr der Entwertung der Mitgliedschaftsrechte während der Dauer, der in der Hauptsache gegen den Einziehungsbeschluss eingelegten Beschlussmängelklage besitzt. Denn allein durch die Erhebung einer Klage gegen den Einziehungsbeschluss kann der betroffene Gesellschafter nicht verhindern, dass eine die Einziehung nachvollziehende Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht (§ 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG) und im Registerordner aufgenommen wird. Aufgrund der Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG können die verbleibenden Gesellschafter sogar ohne Kenntnis des ausgeschlossenen Gesellschafters satzungs- und strukturändernde Beschlüsse fassen, die auch dann wirksam bleiben, wenn die Beschlussmängelklage (nach einige Monate oder gar Jahren) letztendlich Erfolg hat (vgl. BGH, Urt. v. 02.07.2019 – II ZR 406/17 - NZG 2019, 979, 982; grundlegend Bayer/Horner/Möller, GmbHR 2022, 1 ff.).
Das OLG Frankfurt/Main weist jedoch in seiner Entscheidung zutreffend darauf hin, dass ein zunächst gegebener Verfügungsgrund (Eilbedürftigkeit) nachträglich wieder entfallen kann, wenn der Antragsteller nach Eintritt der betreffenden Gefährdung mit einem einstweiligen Verfügungsantrag zuwartet und das Verfahren nicht zügig betreibt. In diesem Fall steht der Annahme der Dringlichkeit das eigene Verhalten des Antragstellers entgegen (sog. „Selbstwiderlegung“).
Für die Praxis bedeutet das, dass gegen den Einziehungsbeschluss neben der Erhebung der Beschlussmängelklage stets auch und vor allem zeitnah ein einstweiliger Verfügungsantrag gestellt werden sollte.