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LG Koblenz, Urteil vom 11.11.2021

Berliner Testament – Einschränkung des Überlebenden

Das Berliner Testament, mit dem sich zwei Ehegatten zunächst gegenseitig als Erben einsetzen und dann nach dem Tode des überlebenden einen Schlusserben, wird von vielen Kollegen auch als „James-Dean-Testament“ bezeichnet:

... denn sie wissen nicht was sie tun!

Die dort getroffenen Regelungen unterliegen regelmäßig einer Bindungswirkung. Die Ehegatten enterben schließlich ihre Kinder zu Gunsten des überlebenden Ehegatten. Das machen sie aber nur, weil die Kinder dann am Ende Schlusserben werden sollen. Um das zu gewährleisten, kann der überlebende Ehegatte das Testament nicht mehr einseitig ändern, weil die Bindungswirkung eingetreten ist.

Sobald das erkannt wird, wird aber auch versucht, diese Folge zu umgehen, und zwar durch eine Schenkung des überlebenden Ehegatten. Dieser Umgehungsversuch wird wiederum durch die Rechtsprechung eingedämmt. Sie wendet § 2087 Abs. 1 BGB, eine Vorschrift zum Erbvertrag, analog auf das Berliner Testament an. Der Schlusserbe kann Schenkungen zurückfordern, wenn das Geschenk nur in der Absicht begeben wurde, ihn zu benachteiligen; BGH, Urteil vom 28.09.2016, Az.: IV ZR 513/15. Das Ganze steht unter der Voraussetzung, dass der Erblasser die Schenkung in der Absicht vorgenommen hat, den Schlusserben zu beeinträchtigen. Das ist zwar schon dann der Fall, wenn der Erblasser weiß, dass er durch das Geschenk das Erbe schmälert. Da der Erblasser dies jedoch nahezu immer weiß, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zusätzlich eine Missbrauchsprüfung erforderlich.

Das LG Koblenz, Urteil vom 11.11.2021, Az. 1 O 222/18 hat hier noch einmal präzisiert. Ein Missbrauch liegt dann nicht vor, wenn der Erblasser ein Eigeninteresse an dem Geschenk hat. Für das fehlende Eigeninteresse des Erblassers ist der Erbe beweispflichtig, der das Geschenk herausverlangen will. Wenn sich der Erblasser mit dem Geschenk erhebliche Betreuungs- und Versorgungsleistungen „erkaufen“ will, ist ein solches Eigeninteresse zu bejahen. Dabei sollen nach dem LG Koblenz schon Unterstützungsleistungen, wie Begleitung bei vielen Gelegenheiten im Alltag, Erledigungen, Besorgung des Haushaltes und Unterstützung in finanziellen Angelegenheiten genügen.