Ohne Fälligkeit kein Verzug, ohne Verzug kein Schadensersatz!
Der Auftragnehmer (AN) begehrt vom Auftraggeber (AG) restliche Vergütung für die Gestellung von Gerüsten an insgesamt sieben Hallen. Der AG hat die Gerüste gestellt und nach Ausführung der Arbeiten wieder abgebaut. Der AG verweigert die Zahlung der Vergütung mit folgenden Argumenten: Zum einen sei die Vergütung nicht fällig, da das Gerüst an einer Halle nur unvollständig gestellt wurde und eine Abnahme nicht erfolgt sei. Zum anderen rechnet der AG mit Schadensersatzforderungen für Ausfallzeiten und unnützen Aufwendungen auf. Vom LG wird der AG vollumfänglich verurteilt. Gegen das Urteil legt der AG Berufung ein. Im Ergebnis ohne Erfolg.
Vom OLG wird ein Verspätungsschaden nach §§ 280 Abs. 1, 286 BGB verneint. Danach kann nur dann Schadensersatz wegen Verzögerung geltend gemacht werden, wenn der Kläger trotz Fälligkeit nicht leistet und der Kläger nach Eintritt der Fälligkeit gemahnt wurde oder eine Mahnung entbehrlich war.
Nach Ansicht des OLG fehlt es bereits an der Fälligkeit. Diese ergibt sich insbesondere nicht aus § 271 Abs. 1 BGB. Danach kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. § 271 BGB findet vorliegend jedoch keine Anwendung, da die Parteien Vereinbarungen zum Zeitpunkt der Gerüststellung getroffen haben. Derartige Vereinbarung führen zur Unanwendbarkeit des § 271 BGB (vgl. BGH, NZBau 2004, 155). Nach der Vereinbarung der Parteien sollte die Gerüststellung an den einzelnen Hallen nicht gleichzeitig, sondern in einer vorher festgelegten Reihenfolge nacheinander „sukzessive“ erfolgen. Selbst wenn in dieser vagen Absprache keine Vereinbarung zur Leistungszeit zu sehen wäre, wäre die Leistung nur dann fällig, wenn die Parteien dem AG ein einseitiges Bestimmungs- oder Abrufrecht eingeräumt hätten (§ 315 BGB). Eine derartige Vereinbarung gab es jedoch nicht. Aus § 271 BGB selbst folgt jedenfalls kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, da diese Regelung lediglich den Fälligkeitszeitpunkt für bestimmte Sachverhaltskonstellationen festlegt.
Zudem fehlt es an einer Mahnung. Diese war insbesondere nicht entbehrlich, denn es liegen keine Gründe vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Eintritt des Verzuges rechtfertigen. So ergibt sich aus der Vereinbarung der Parteien nicht schon, dass nur eine sofortige Leistungserbringung dem Interesse des AG entspricht.
Während sich noch das Landgericht mit der rechtlichen Einordnung des Gerüstbauvertrages (Werkvertrag oder Mietvertrag) und dem Erfordernis der Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung auseinandersetzen musste, brauchte das OLG hierauf nicht mehr einzugehen, da der AG die Fälligkeit des vertraglichen Vergütungsanspruchs in der Berufung nicht mehr beanstandet hat. Das OLG konnte sich daher auf die Prüfung der Gegenansprüche des AG konzentrieren.
Durch das OLG wird klargestellt, dass § 271 BGB keine Anwendung findet, wenn die Parteien eine Vereinbarung über den Zeitpunkt der Leistungserbringung getroffen haben. Die Hürde für die Annahme einer derartigen Vereinbarung wird vom OLG niedrig angesetzt. Hier reicht bereits vage Absprache zur Leistungserbringung aus. Zudem wird durch das OLG nochmal zutreffend klargestellt, dass sich aus § 271 BGB kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ergibt, da diese Regelung lediglich den Fälligkeitszeitpunkt festlegt.