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Betriebsbedingte Kündigungen aufgrund des Einsatzes von künstlicher Intelligenz (KI)?

Betriebsbedingte Kündigungen aufgrund des Einsatzes von künstlicher Intelligenz (KI)?

Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) bedarf eine betrieblich veranlasste Kündigung einer arbeitsrechtlichen Rechtfertigung. Dabei dürften Rationalisierungsmaßnahmen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in naher Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Der Unternehmer, der das wirtschaftliche Risiko trägt, hat eine unternehmenspolitisch freie Gestaltungsmöglichkeit. Daher wird von den Arbeitsgerichten bei Kündigungsschutzprozessen nicht geprüft, ob die gestaltende Unternehmerentscheidung wirtschaftlich sinnvoll war. Wenn die Umsetzung der Unternehmerentscheidung dargelegt und bewiesen werden kann, sind selbst Fehldispositionen hinzunehmen. Somit ist auch der Entschluss, zukünftig dauerhaft anstelle menschlicher Arbeitskraft rein digitalisierte Abläufe zur Erledigung einer Aufgabe anzuwenden, von der unternehmerischen Freiheit gedeckt. Das Gericht hat sich darauf zu beschränken zu überprüfen, ob die Entscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich war.

Wesentlich häufiger bzw. praxisrelevanter als ein vollständiger Wegfall von Arbeitsplätzen durch KI dürfte die Änderung des Anforderungsprofils am konkreten Arbeitsplatz sein. Für die Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung kommt es dann u. a. darauf an, ob dem Arbeitgeber eine Fortbildung bzw. Umschulung der betreffenden Arbeitnehmer zumutbar ist oder er diese durch entsprechend qualifizierte Arbeitnehmer austauschen kann. Die Frage der Zumutbarkeit ist wiederum einzelfallbezogen.

Beispiele:

In einer Werkshalle werden 10 Maschinen von jeweils einem Arbeitnehmer bedient. Dies setzt keine besondere Qualifikation voraus und ist innerhalb weniger Tage erlernbar. Wenn die Steuerung der Maschinen nunmehr von einer KI übernommen wird, diese jedoch von einem Ingenieur oder Informatiker überwacht werden muss, ist es naturgemäß unzumutbar, einem Maschinenbediener ein Studium zu ermöglichen, um die Kündigung zu vermeiden.

Umgekehrt dürfte es ohne weiteres zumutbar sein, einem gelernten Buchhalter den Umgang mit einer KI-basierten Buchhaltungssoftware zu ermöglichen, wenn sich dessen künftige Arbeit darauf beschränkt, die Arbeitsergebnisse der KI abschließend zu bewerten, zu sortieren und weiter zu bearbeiten. Wenn sich das Beschäftigungsbedürfnis von bislang fünf Buchhaltern aufgrund des KI-Einsatzes auf drei reduziert, sind die betriebsbedingten Kündigungen von zwei Buchhaltern nach ordnungsgemäß durchgeführter Sozialauswahl und fehlender anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeit rechtmäßig.

Im Prinzip gelten daher für betriebsbedingte Kündigungen aufgrund des Einsatzes von KI die gleichen Grundsätze wie bei anderen Rationalisierungsmaßnahmen aufgrund unternehmerischer Organisationsentscheidungen.

Winfried Mathes
Fachanwalt für Arbeitsrecht