Erfolgreiche Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit
Das Oberlandesgericht Naumburg hat in einem selbständigen Beweisverfahren den durch das Landgericht bestellten Sachverständigen aufgrund eines durch Herrn Rechtsanwalt Lankisch gestellten Ablehnungsantrags wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Der durch das Gericht bestellte Sachverständige war mit der Angelegenheit bereits vorbefasst und hatte für die Gegenseite ein vorgerichtliches Privatgutachten erstellt. Nach Durchführung eines Ortstermins legte der Sachverständige in dem selbständigen Beweisverfahren sein Gerichtsgutachten vor. Im Rahmen der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Gerichtsgutachten ergaben sich jedoch erhebliche Zweifel an der gebotenen Neutralität und Unparteilichkeit des Sachverständigen. Diese Anhaltspunkte ergaben sich daraus, dass der Sachverständige ganze Textpassagen aus seinem Privatgutachten in das Gerichtsgutachten wortwörtlich übernommen hatte, ohne diese Übernahme in irgendeiner Weise kenntlich zu machen. Zudem enthielt das Gerichtsgutachten erkennbar unrichtige Angaben dazu, auf welcher Tatsachengrundlage der Sachverständige seine Feststellungen getroffen hatte. Der Sachverständige selbst hatte in seinem Gerichtsgutachten angegeben, dass er während des Ortstermins Messungen an den elektrischen Bauteilen durchgeführt habe. Tatsächlich hatte der Sachverständige beim Vor-Ort-Termin jedoch gar keine Messungen durchgeführt, sondern lediglich seine Messungen aus dem Privatgutachten ohne eine erneute Vorortmessung übernommen. Weiterhin kam hinzu, dass der Sachverständige in seinem Gerichtsgutachten lediglich die Beweisfragen der Gegenseite, nicht jedoch die Beweisfragen der eigenen Mandantschaft beantwortet hatte.
Infolgedessen wurde ein Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen gestellt. Das Landgericht hat den Antrag jedoch zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht Naumburg die Entscheidung des Landgerichts jedoch korrigiert und das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen für begründet erklärt.
Zur Begründung hat das Oberlandesgericht Naumburg ausgeführt, dass ein Sachverständiger wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies war vorliegend der Fall. Zwar weist das Oberlandesgericht Naumburg in zutreffender Weise daraufhin, dass die Frage der Befangenheit einer schematischen Betrachtung nicht zugänglich ist und vielmehr die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Im vorliegenden Fall rechtfertigte jedoch die Gesamtschau die Sorge der Befangenheit. Der Sachverständige hat mit seinem Vorgehen die gebotene Objektivität und Neutralität verletzt. Die Erwartung einer Partei, der fachkundige öffentlich-bestellte und vereidigte Sachverständige, der zuvor in derselben Sache ein Privatgutachten für die Gegenseite erstattet hat, werde gleichwohl unvoreingenommen ein Gerichtsgutachten erstellen, hegt die Sorge der Befangenheit, wenn er dieses Privatgutachten ohne Quellenangabe in ganzen Passagen im Gerichtsgutachten ziert und zudem sämtliche entgegenstehende Beweisfragen der Partei gänzlich unbeantwortet lässt. Hierdurch kann die Befürchtung geweckt werden, der Sachverständige habe die Ergebnisse aus dem im Auftrag der Antragstellerin erstellten Privatgutachten unter Verletzung der gebotenen Äquidistanz zu den Parteien schlicht übernommen und gerade nicht der erwarteten neuerlichen kritischen fachlichen Prüfung unter Einbeziehung der Einwände der Antragsgegner unterzogen. Dabei hätte von dem Sachverständigen erwartet werden können, dass er bereit ist, seine zuvor gewonnene Überzeugung zu überprüfen und, wenn nötig, zu korrigieren.