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OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 13.03.2023 - 21 U 52/22

Die zurückgewiesene Schlussrechnung ist prüfbar: Die Verjährung für den Auftragnehmer beginnt!

Der Auftragnehmer (AN) wird vom Auftraggeber (AG) mit der Ausführung von Elektroarbeiten beauftragt. Es wird die Geltung der VOB/B vereinbart. Nach erfolgter Abnahme macht der AN mit Schlussrechnung vom 01.11.2016 offenen Restwerklohn geltend. Das vom AG beauftragte Ingenieurbüro weist die Schlussrechnung erstmals mit Schreiben vom 03.11.2016 als nicht prüfbar zurück. Daraufhin übersendet der AN am 07.11.2016 die Schlussrechnung nebst Aufmaßunterlagen unter Hinweis auf die Prüfbarkeit und Fälligkeit am 03.12.2016 erneut. Am 02.12.2016 weist das Ingenieurbüro die Schlussrechnung abermals als nicht prüfbar mit dem Argument zurück, dass die Nachweise für die Zuschläge für lärmintensive Tätigkeiten bzw. für Leistungen außerhalb regulärer Arbeitszeiten fehlen. Darüber hinaus sollen bei allen Nachträgen die Preisermittlungsunterlagen fehlen. Mit Schreiben vom 21.06.2017 mahnt der AN den ausstehenden Restwerklohn an und übersendet am 21.07.2017 die Schlussrechnung vom 01.11.2016 erneut unter Beifügung von Bautagesberichten zu den Stundenlohnarbeiten und Kalkulationsnachweisen. In dem seit dem Jahr 2020 anhängigen Prozess beruft sich der AG auf Verjährung. Er meint, die offene Restwerklohnforderung sei bereits seit 2016 fällig und mit Ablauf des 31.12.2019 verjährt.

Dies wird vom OLG Frankfurt bestätigt. Der Werklohnanspruch des AN ist nach Abnahme und Übermittlung der Schlussrechnung im Jahr 2016 fällig geworden. Verjährung ist daher mit Ablauf des Jahres 2019 eingetreten. Voraussetzung für die Fälligkeit der Werklohnforderung ist neben der Abnahme die Übersendung einer prüfbaren Schlussrechnung. Die Schlussrechnung ist prüfbar, wenn sie die nach dem Vertrag objektiv unverzichtbaren Angaben enthält, um die sachliche und rechnerische Überprüfung des Werklohns zu ermöglichen. Hat ein vom AG beauftragter Fachmann die Schlussrechnung geprüft, spricht dies in der Regel für die Prüfbarkeit. Der objektiven Prüfbarkeit der Schlussrechnung steht nicht entgegen, dass bei der Prüfung zu einzelnen Nachträgen keine Nachtragskalkulationen vorgelegen haben. Diese waren zur Prüfung nicht erforderlich, da das prüfende Ingenieurbüro die Angemessenheit der Preisbildung aufgrund eigener Sachkunde beurteilen kann. Gleiches gilt für die Nachweise für die abgerechneten Zuschläge, da das Ingenieurbüro die Schlussrechnung auch ohne deren Vorlage hätte prüfen können.

Nach Ansicht des OLG verhält sich der Auftraggeber auch nicht widersprüchlich, indem er einerseits die Schlussrechnung wiederholt als nicht prüfbar zurückweist und sich andererseits auf die Verjährung der Schlussrechnungseinrede beruft. Vielmehr ist widersprüchliches Verhalten nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde oder andere besondere Umstände hinzutreten, die die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen.