Beseitigung eines Schwarzbaus vs. „aktive“ Duldung
Nicht selten kommt es zu einer langjährigen Duldung nicht genehmigter oder genehmigungswidrig errichteter Bauten durch Behörden. Die Betroffenen fragen sich dann, ob eine Beseitigungsanordnung überhaupt noch ergehen oder durchgesetzt werden kann.
In einer aktuellen Entscheidung hat der VGH Baden-Württemberg festgestellt, dass eine „objektiv rechtswidrige Verwaltungspraxis“ die Behörde nicht „bindet“. Dies bedeutet, dass Grundstückseigentümer sich grundsätzlich nicht gegen eine Beseitigungsanordnung mit dem Argument zur Wehr setzen können, die Behörde habe den Schwarzbau jahrelang geduldet und sei trotz Kenntnis nicht dagegen vorgegangen.
Im konkreten Fall hatte der Betreffende sein Gebäude umfassend modernisiert, obwohl am konkreten Standort nur Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen zulässig gewesen wären. Die Identität des ursprünglich genehmigten Vorhabens war dadurch verloren gegangen. Es war somit ein völlig neues Gebäude entstanden, das durch die alte Genehmigung nicht mehr gerechtfertigt war. Auch wenn dies die Behörde zunächst duldete, hindert diese Tatsache die Behörde nicht daran, später eine Beseitigung des Gebäudes anzuordnen und durchzusetzen, so der VGH Baden-Württemberg.
Wie sehr es in solchen Situationen auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, zeigt eine ältere Entscheidung des OVG Berlin aus dem Jahr 1982 (Aktenzeichen: 2 B 57/79). Das Gericht hatte festgestellt, dass eine viele Jahre zuvor erlassene Beseitigungsanordnung von der Behörde nicht mehr durchgesetzt werden kann. Als Grund hierfür wurde genannt, dass die Behörde gegenüber dem betroffenen Grundstückseigentümer mehrfach Fristen zur Befolgung der Beseitigungsanordnung hat verstreichen lassen. Im Schriftverkehr waren sogar Aussagen enthalten, die als Zusicherungen der Behörde hätten (miss-) verstanden werden können. Dies wertete das OVG Berlin als „aktive“ Duldung eines baurechtswidrigen Zustandes. Hierdurch sei beim Betroffenen ein „Vertrauenstatbestand“ entstanden. Deshalb könne eine Beseitigungsanordnung nicht mehr rechtmäßig ergehen.
Die aktuelle Entscheidung des VGH Baden-Württemberg steht hierzu – scheinbar – in Widerspruch. Für betroffene Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer folgt jedoch hieraus, dass es immer sinnvoll ist, sich stets um rechtmäßige Zustände zu bemühen. Andererseits sollte eine Beseitigungsanordnung nicht einfach hingenommen, sondern einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden.