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OLG Hamm, Beschluss vom 15.12.2022 (Az. 21 U 30/22) und Beschluss vom 19.05.2022 (21 U 18/21)

Die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen ist keine Fälligkeitsvoraussetzung

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass eine in einem vom Auftraggeber vorformulierten Bauvertrag enthaltene Klausel, wonach die Vorlage von (Unbedenklichkeits-) Bescheinigungen Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung ist, den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt und gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn schon das Fehlen einer einzigen Bescheinigung dazu führt, dass die Forderung insgesamt nicht fällig wird.

Den Entscheidungen des OLG Hamm ist beizupflichten. Zwar hat der Auftraggeber ein erhebliches Interesse daran, dass der Auftragnehmer Mindestlöhne zahlt und die Sozialversicherungsbeiträge abführt, da er ansonsten unter Umständen für die Sozialversicherungsbeiträge haftet und den Arbeitnehmern bei einer Mindestlohnunterschreitung die Differenz zwischen dem Mindestlohn und dem erhaltenen Lohn zahlen muss.

Nach § 641 BGB ist die Vergütung bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Handelt es sich um einen VOB/B-Vertrag oder um einen BGB-Bauvertrag gemäß § 650a BGB, dann ist für die Fälligkeit des Werklohns weiterhin die Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung erforderlich.

Wird abweichend davon die Fälligkeit des Werklohns durch eine vom Auftraggeber gestellte Vertragsklausel zusätzlich davon abhängig gemacht, dass durch den Auftragnehmer weitere Unterlagen in Form von (Unbedenklichkeits-) Bescheinigungen vorgelegt werden, so stellt dies eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar. Die Unwirksamkeit folgt bereits daraus, dass der Auftraggeber eine hohe Restwerklohnforderung selbst dann nicht zahlen müsste, wenn beispielsweise nur für einen Arbeitnehmer und für einen Monat der Mindestlohnnachweis fehlt und daher allenfalls eine geringe Rückzahlung droht. Damit versucht der Auftraggeber, seine Belange ohne jede Rücksicht auf die Interessen des Auftragnehmers durchzusetzen.