Mehr Rechtssicherheit durch neues Leitentscheidungsverfahren des BGH?
Am 31. Oktober 2024 ist das Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens in Kraft getreten. Dieses Gesetz gibt dem BGH die Möglichkeit gibt, ein bei ihm anhängiges Revisionsverfahren zum Leitentscheidungsverfahren zu erklären – mit der Wirkung, auch dann in der Sache zu entscheiden, wenn die Revision zurückgenommen werden sollte. Noch am selben Tag hat der VI. Senat des BGH von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und einen Rechtsstreit, in dem es um die Entschädigung für eine von Facebook verursachte Verbreitung persönlicher Daten (Daten-Scraping) ging, durch Beschluss nach § 552b ZPO zum Leitentscheidungsverfahren bestimmt (BGH v. 31.10.2024 – VI ZR 10/24). Näheres zur Facebook-Entscheidung des BGH finden Sie in unserem anderen Beitrag vom 02.12.2024.
Ziel dieses neuen Verfahrens ist es, massenhafte Einzelklagen zu verhindern, wie sie schon in gleichgelagerten Einzelfällen (z. B. Dieselskandal) vorgekommen sind. Voraussetzung für ein solches Leitentscheidungsverfahren ist allein, dass die Sache Rechtsfragen aufwirft, deren Entscheidung für eine Vielzahl anderer Verfahren von Bedeutung ist. Sobald dann die Revisionsbegründung vorliegt und ein Monat seit Zustellung an die Gegenseite vergangen ist oder die Revisionserwiderung vorliegt, kann der BGH das Verfahren zum Leitentscheidungsverfahren erklären. Dann wird die Angelegenheit durch den BGH entschieden, unabhängig davon, ob die Parteien die Revision wieder zurückgenommen haben oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat. Ziel des Gesetzes ist es, eine zügige höchstrichterliche Klärung trotz der Rücknahme von Revisionen aus prozesstaktischen Gründen oder aufgrund eines Vergleiches zu ermöglichen. Es bleibt zu hoffen, dass der BGH von diesem Institut regelmäßig Gebrauch macht, um einerseits die Gerichte zu entlasten, aber andererseits insbesondere, um für den rechtsuchenden Bürger bzw. das rechtsuchende Unternehmen schnellstmöglich Rechtssicherheit zu schaffen.
Ob dieses Verfahren für mehr Klärung unbeantworteter Rechtsfragen und für eine zügigere Abwicklung von Gerichtsprozessen in gleich gelagerten Fällen sorgen wird, bleibt abzuwarten.