Wann ist ein Gutachten mangelhaft?
In der Praxis erlebt man nicht selten den Fall, dass ein vom Gericht im Prozess erhobenes Gutachten nicht den Vorstellungen einer oder sogar beider Parteien entspricht. Doch wann ist ein Gutachten mangelhaft und welche Konsequenzen resultieren hieraus?
In dem vom OLG Brandenburg zu entscheidenden Fall hatte sich der Sachverständige S in dem von ihm zu erstellenden Gutachten mit der Frage der Mangelhaftigkeit einer Badbeheizung sowie mit der Feststellung der Mangelursache und der Höhe der Mangelbeseitigungskosten zu befassen. Nach Gutachtenerstellung wird von einer Prozesspartei ein Mangel am Gutachten gerügt, da S in diesem weder den Ist-Zustand (Temperatur des Bades) unter Anwesenheit der Parteien noch die Ortsüblichkeit der Mangelbeseitigungskosten ordnungsgemäß festgestellt hat. Vielmehr hatte S bei der Ermittlung der Mangelbeseitigungskosten auf ortsübliche Kosten aus einer 50 km entfernten Großstadt abgestellt.
Ein Mangel an einem Gutachten liegt vor, wenn die Tätigkeit, die der Sachverständige als Gehilfe des Gerichts zu erbringen hat, objektiv feststellbare Defizite – speziell in Gestalt einer unvollständigen, (methodisch) offensichtlich grob fehlerhaften oder aus formellen Gründen unzulänglichen Leistung – aufweist, die dazu führt, dass das Gutachten gänzlich oder teilweise unverwertbar ist und sich nicht als Basis für die gerichtliche Entscheidung eignet. Für den Bauprozess führt das OLG Brandenburg konkretisierend aus, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, der vom Gericht mit der Klärung des Vorhandenseins streitiger Mängel beauftragt ist, ohne gesonderten Hinweis oder Anleitung gehalten ist, zumindest den tatsächlich vorhandenen Ist-Zustand in Gegenwart, der zum Ortstermin erschien, mit der gebotenen Sorgfalt festzustellen und beweiskräftig zu dokumentieren. Dies ist vorliegend nicht erfolgt, weshalb vom OLG Brandenburg in der vorliegenden Entscheidung das Bestehen eines Mangels bejaht wurde.
Doch was folgt hieraus für S? Nach § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 JVEG erhält der Sachverständige eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist. Erbringt er eine mangelhafte Leistung und beseitigt er die Mängel innerhalb der ihm vom Gericht gesetzten angemessenen Frist nicht, entfällt sein Vergütungsanspruch!
Hiervon hat das OLG Braunschweig im vorliegenden Fall völlig zutreffend Gebrauch gemacht und die Vergütung an den Sachverständigen trotz dessen Beschwerde nicht gezahlt. Leider sind die Gerichte in der Praxis mit der Anwendung des § 8 JVEG noch immer sehr zurückhaltend.