Reich werden - durch Mietkaution
Einen ungewöhnlichen Fall hatte das Amtsgericht Köln zu entscheiden. Auf einen im Jahre 1960 geschlossenen Mietvertrag zahlte die Mieterin eine Kaution von 800,00 DM ein. Der Vermieterin, einer Wohnungsbaugesellschaft, war es gestattet, diese Kaution ganz oder teilweise in eigenen Aktien anzulegen. Am Ende des Mietverhältnisses wollte die Vermieterin lediglich 409,03 Euro zurückzahlen, obwohl die Aktien inzwischen 115.000 Euro wert waren.
Dabei bestimmt schon § 551 Abs. 3 BGB, dass die Erträge der Mietkaution unabhängig davon, wie sie der Vermieter angelegt hat, dem Mieter zustehen. Folgerichtig stellte das Amtsgericht Köln fest, dass der Mieterin die Kaution in Form der Aktien zurückzugeben ist (AG Köln, Urteil vom 19.07.2022 - 203 C 199/21).
Es ist nicht ungewöhnlich, dass auch sehr alte Mietverträge heute einer rechtlichen Bewertung unterzogen werden. Der älteste Mietvertrag, den der Autor zu prüfen hatte, stammte aus Düsseldorf und dem Jahr 1943.
By the way; welches Recht ist eigentlich anwendbar, wenn ein derartiger Vertrag zu prüfen ist? Sicherlich nicht dasjenige des Jahres 1943. Ändert sich das BGB, regelt der Gesetzgeber gleichsam im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB), wie die alten oder neuen Regelungen für Übergangsfälle gelten. Selbst wenn das Gesetz einen Sachverhalt neu regelt, kann es durchaus bei der alten vertraglichen Regelung bleiben, nämlich, wenn die Parteien auch nach dem neuen Gesetz abweichende Vereinbarungen treffen können (jus dispositivum).
Wird dagegen durch die Rechtsprechung die Auslegung eines Gesetzes vorgenommen, wird lediglich ausgeurteilt, wie die Rechtslage schon immer war. Sie wurde nur nicht früher festgestellt. Auch alte Verträge werden daher anhand der jeweils neuesten Rechtsprechung gemessen.
Johannes-Christian Vent
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht