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BGH, Urteil vom 16.04.2025 - VII ZR 236/23

Vergütung nach Kündigung wegen fehlender Bauhandwerkersicherung: Minderwert statt fiktiver Mängelbeseitigungskosten

Mit Urteil vom 16.04.2025 (VII ZR 236/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut zur Vergütung des Unternehmers nach Kündigung eines Bauvertrags wegen nicht geleisteter Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 5 BGB a.F. (nunmehr § 650f Abs. BGB) Stellung genommen und dabei die maßgeblichen Grundsätze für die Kürzung des Vergütungsanspruchs bei mangelhafter Leistung präzisiert.

Ein Bauunternehmen wurde mit der Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems beauftragt. Nach Ausführung der Arbeiten und Rechnungsstellung rügte der Auftraggeber Mängel. Das Bauunternehmen forderte daraufhin die Stellung einer Bauhandwerkersicherung, die der Auftraggeber nicht leistete. In der Folge kündigte das Bauunternehmen den Vertrag gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a.F. und erklärte später auch hinsichtlich etwaiger Mängelansprüche die Kündigung. Im Streit stand die Höhe des Restwerklohns unter Berücksichtigung der Mängel der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen.

Der BGH stellt klar, dass nach einer Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a.F. der Unternehmer grundsätzlich die Wahl hat, etwaige Mängel der bis zur Kündigung erbrachten Leistung zu beseitigen oder die Mängelbeseitigung abzulehnen. Lehnt der Unternehmer die Mängelbeseitigung ab, wird der Vergütungsanspruch auch ohne Abnahme fällig, ist jedoch wegen der Mängel zu kürzen. Entscheidend ist, dass die Kürzung der Vergütung nicht anhand der ersparten Aufwendungen für die unterlassene Mängelbeseitigung oder eines etwaigen anderweitigen Erwerbs zu erfolgen hat. Vielmehr ist der auf den Mangel entfallende Wertanteil der Vergütung maßgeblich. Die Kürzung ist ausgehend von der vereinbarten Vergütung anhand der Vergütungsanteile zu schätzen, die auf die mangelhafte Leistung entfallen. Nur ausnahmsweise kann eine Schätzung anhand der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten erfolgen, wenn diese mit überwiegender Wahrscheinlichkeit den auf die mangelhafte Leistung entfallenden Vergütungsanteilen entsprechen.

Darüber hinaus lehnt der BGH ausdrücklich eine zweite Kündigung hinsichtlich der Mängelansprüche ab. Nach der ersten Kündigung wegen fehlender Bauhandwerkersicherung kann der Unternehmer durch Ablehnung der Mängelbeseitigung eine endgültige Abrechnung herbeiführen. Einer erneuten Fristsetzung zur Stellung der Bauhandwerkersicherung vor Ablehnung der Mängelbeseitigung bedarf es nicht.

Praxishinweis:

Das Urteil schafft Klarheit für die Abrechnung nach Kündigung wegen fehlender Bauhandwerkersicherung. Der Unternehmer kann die Mängelbeseitigung ablehnen und erhält eine geminderte Vergütung, die sich am Minderwert der mangelhaften Leistung orientiert. Die Schätzung des Minderwerts erfolgt grundsätzlich anhand der vertraglich vereinbarten Vergütungsanteile, nicht pauschal nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten. Nur wenn diese mit den Vergütungsanteilen übereinstimmen, kann ausnahmsweise auf sie abgestellt werden.